Muttersöhnchen. Das Kästner-Museum nennt sich Micro-Museum, weil es auf engstem Raum viel zeigt und seine Besucher animiert, aktiv zu werden. Es nutzt die Villa von Kästners reichem Onkel, in der Kästners Tragik und sein Erfolg ihren Grund haben. Denn Kästners Mutter verachtete ihren Mann dafür, dass er ihr nicht den gleichen Status bieten konnte, den ihr Bruder mit dieser Villa vorlebte. Ersatzweise projizierte sie alles Aufstiegs-Sehnen auf ihren Sohn und verzärtelte ihn. Noch als alter Mann sehnte sich Kästner inbrünstig in diese fast inzestuöse Kindheit zurück. Vor so viel Mutter-Liebe kapitulierten irgendwann alle Freunde und Frauen. Dafür rächte sich Kästner. Erst mit spitzer Feder als Journalist und dann als Buchautor mit traurigen Geschichten, bis er entdeckte, dass sich mit seinen Kindheits-Träumen besser Geld verdienen ließ. Seine jungen Leser danken es ihm bis heute, dass es in seinen Geschichten von der bösen Erwachsenen-Welt immer sie, die Kinder sind, die dem Guten zum Sieg verhelfen. Manchmal auch Mütter. Väter nie. „Emil und die Detektive“ oder „Das fliegende Klassenzimmer“ werden immer noch gelesen. Kästners ewig erhobenen Zeigefinger übersieht man dabei gerne.